Dietmar und Geli Unterwegs
Reisetagebuch unserer Wohnmobil-Reise an den Küsten Spaniens und Portugals

25.-28. April 2019 Nationalfeiertag „Nelkenrevolution“ in Lissabon

Am Morgen hat sich das Wetter beruhigt und die Sonne schaut ab und an durch die Wolken. Wir fahren mit dem Bus zum Praça do Comércio, einem der Wahrzeichen Lissabons. Der berühmteste Platz, der durch seine Erhabenheit unverwechselbar ist, hat viele Sehenswürdigkeiten und anderen Angeboten.

Wir brauchen einige Zeit, um den riesigen Praça do Comércio zu erkunden. Die Lissabonner nennen den Platz „Terreiro do Paço“, Palastplatz, nach dem Königspalast, der hier bis zum Erdbeben 1755 stand. Er ist der Empfangssaal für Besucher der Stadt, von dem aus man viele Sehenswürdigkeiten besichtigen kann. Außerdem sollte man unbedingt die Gelegenheit wahrnehmen, um sich vom Triumphbogen der Rua Augusta der Symmetrie der Straßen und ihrer Pflasterung gewahr zu werden und den Blick auf den Tejo zu genießen. Wir verweilen zu Füßen der imposanten Reiterstatue von König José I. Sie zeigt nicht nur die königliche Macht, sondern auch das edle Wesen der Lusitaner-Pferde.

Es ist Nationalfeiertag in Portugal. Wir wollen etwas von der Stimmung an diesem Revolutionsfeiertag mitbekommen. Uns bewegt es sehr an diesem Tag hier in Lissabon zu sein . Um die Ereignisse und die Zusammenhänge der Entwicklung die zu dieser Revolution 1974 führten besser zu verstehen, haben wir uns in den letzten Tagen mit der Jungen Geschichte dieses Landes intensive beschäftigt und so wollen wir diese auch in Kurzform zum nachlesen in diesem Blog festhalten .

Die Nelkenrevolution (Revolução dos Cravos) war der Militärputsch in Portugal am 25. April 1974 gegen die autoritäre Diktatur des Estado Novo. Der Putsch, der von der linksgerichteten Armeegruppe Movimento das Forças Armadas geführt und von weiten Teilen der Bevölkerung unterstützt wurde, verlief weitgehend widerstandslos – vier Menschen starben jedoch, als regimetreue Truppen auf unbewaffnete Demonstranten feuerten.

Die Nelkenrevolution führte nach einer von politischer und sozialer Unruhe geprägten Übergangsphase, in der das Militär verschiedene provisorische Regierungen einsetzte, zu den ersten freien und demokratischen Wahlen, zur Verfassungsgebung und 1976 schließlich zur friedlichen Übergabe der Staatsgewalt an das neu gewählte Parlament und den neu gewählten Präsidenten und damit zur Dritten Portugiesischen Republik. Die Revolution verdankt ihren Namen den roten Nelken, die sich aufständische Soldaten in die Gewehrläufe gesteckt hatten. Die Geschichte Portugals vor der Revolution ist interessant und wir haben in der DDR als Jugendliche gespannt verfolgt, was in diesem Land passierte, denn die Diktatur des Estado Novo des (Neuen Staates) galt als faschistische, menschenfeindliche Diktatur.

In Portugal kam 1926 eine Militärjunta durch einen Putsch an die Macht. Der Führer war Carmona, sein Nachfolger der bekanntere und berüchtigte Salazar baute ab 1932 seine Macht durch eine neue Verfassung – den Estado Novo (deutsch: Neuer Staat) – und die Abschaffung des Parlamentarismus aus, begleitet von Maßnahmen der Repression wie Pressezensur und Verhaftungen von politischen Gegnern und Folter. So versuchte Salazar ein System zu verwirklichen, das als „Quinta“ (ein gegen äußere Einflüsse abgeschlossenes Land) bezeichnet wurde. Die große Masse der Bevölkerung wurde bewusst in Armut, Unwissenheit und Rückständigkeit gehalten, um den Portugiesen die „Übel der Moderne zu ersparen“. Aus dieser Geisteshaltung entstand im Lande eine Abwehr gegen moderne Entwicklungen wie Industrialisierung, Tourismus und Bildung. Die vierjährige Grundschule für das Volk verstand Salazar als Zugeständnis. Über ein Drittel des Volkes waren unter Salazar Analphabeten.

Im Zweiten Weltkrieg verbündete sich Portugal mit Spanien unter Franco zum Bloco Iberico. Mehr als Spanien bemühte sich Portugal unter Salazar um eine Distanzierung vom italienischen Faschismus und vom deutschen Nationalsozialismus. Das autoritäre Regime blieb daher von den Alliierten unangetastet und bestand fort. 1949 wurde Portugal Gründungsmitglied der NATO .

Gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen in den beiden afrikanischen Kolonien Angola und Mosambik führte Portugal ab 1961 den Portugiesischen Kolonialkrieg. Wir haben am Tejoufer an einem Memorial die Namentafeln der vielen Soldaten gesehen, die in diesen sinnlosen Kriegen ihr Leben lassen mussten.

1968 wurde Salazar nach einem Schlaganfall abgelöst. Trotz leichter Verbesserungen änderte dies am Charakter der Diktatur nur wenig. Im Februar 1974 veröffentlichte der stellvertretende Generalstabschef Spinola sein Buch Portugal e o Futuro (Portugal und die Zukunft), das besonders in militärischen Kreisen Furore machte. Spínola analysierte darin Portugals „systemimmanente Diskrepanz“ gegenüber den anderen westeuropäischen Staaten, die es in eine wirtschaftliche und politische Isolation gebracht habe.

Die Zukunft Portugals hänge vor allem vom Ausgang des Kolonialkrieges ab, der zu viele Menschenleben koste und bis zu 50 % des Staatshaushaltes verschlinge, militärisch aber nicht zu gewinnen sei, so schrieb Spínola. Er schlug eine „neue nationale Strategie“ vor, in der die Teilnahme des Volkes am politischen Willensbildungsprozess und das Recht der Kolonien auf Selbstbestimmung gewährleistet sein sollten. Für die MFA (Bewegung der Streitkräfte) war dieses Buch das Signal zum Aufbruch. Es kritisierte die Kolonialpolitik des Caetano-Regimes durch den zweiten Mann der Militärhierarchie. Erst dadurch erhielt die MFA größeren Zulauf in der Bevölkerung. Die Bewegung bestand vornehmlich aus jungen Offizieren der unteren Ränge.

Caetano, Nachfolger Salazars, inszenierte Anfang März 1974 eine Vertrauenskundgebung höherer Offiziere, der Spínola und Generalstabschef Gomes demonstrativ fernblieben. Daraufhin wurden sie ihrer Ämter enthoben. Gerüchte über eine von der Staatsschutzpolizei geplante Verhaftung von 22 Offizieren beschleunigten die Putschvorbereitungen der MFA. Das erste geheime Signal für den Beginn des Putsches war am 24. April 1974 um 22:55 Uhr, da spielte der portugiesische Rundfunk das Liebeslied E Depois do Adeus („Und nach dem Abschied“). Das Lied war der portugiesische Beitrag zum Eurovision Song Contest 1974.

Als Revolutionslied berühmt wurde aber ein anderes Lied: Grândola, Vila Morena (Grândola, braun gebrannte Stadt), welches wegen der Textzeile „O povo é quem mais ordena“ (deutsch etwa: „Das Volk regiert/ befiehlt“) verboten worden war. Gegen 00:20 Uhr am 25. April las der Sprecher des katholischen Rundfunks die erste Strophe des von der Diktatur verbotenen Liedes, danach erklang das Lied selbst. Das Abspielen des verbotenen Liedes war das verabredete zweite Geheimzeichen zum definitiven Beginn der Bewegungen des MFA. Diese rückte mit Militärfahrzeugen nach Lissabon aus, um Ministerien, Rundfunk- und Fernsehsender sowie den Flughafen zu besetzen. Die geheime Aktion war über das ganze Land verteilt.

Die Mehrheit der angerückten Regierungstruppen lief zu den Aufständischen über. Der Kavallerieschule Santarém kam die wichtigste Rolle zu, nämlich die Besetzung des Terreiro do Paço in Lissabon. Die von Hauptmann Maia angeführte Kolonne bestand aus 10 Panzern, 12 Truppentransportwagen, zwei Krankenwagen, einem Jeep und einem Zivilfahrzeug. Sie startete um 03:30 Uhr und erreichte das 70 Kilometer entfernt gelegene Lissabon um 05:55 Uhr. Gegen 12 Uhr orderte Maia einen Teil seiner Kräfte zur Kaserne der bewaffneten Polizeistreitkräfte, der Guarda Nacional Republicana (GNR), am Largo do Carmo, wohin sich der Regierungschef Caetano geflüchtet hatte.

Nach mehrstündiger Belagerung erklärte sich der Diktator am Abend zur Abdankung bereit. Er verließ die Kaserne und ließ sich mit einem Truppentransportwagen zum Militärflugplatz Lissabon bringen. Von dort flog er zunächst nach Madeira, später ins Exil in Brasilien.

Schon den ganzen Tag zuvor hatten Tausende von Lissabonnern den Weg der Kolonnen gesäumt, den Befreiern zugejubelt, waren neben den Armeefahrzeugen hergelaufen und aufgesprungen. Die ersten roten Nelken, die der Revolution den Namen geben sollten, tauchten auf, leuchteten an den Uniformen der Soldaten und aus ihren Gewehrläufen. Die rote Nelke war ein internationales Symbol der sozialistischen Arbeiterbewegung, deren Ideen die portugiesische Revolution maßgeblich prägten.

In der Nacht zum 27. April wurden die politischen Gefangenen aus dem PIDE-Kerker in Caxias befreit. Ihre Verwandten und Freunde empfingen sie auf der Straße. Jahrelang waren die Gefangenen dort ohne Gerichtsverfahren Folter, Isolationshaft und Demütigung ausgesetzt.

Noch vor dem 1. Mai kehrten viele Verbannte und politisch Verfolgte aus dem Exil zurück. Mário Soares (Sozialistische Partei), der sich am Tag der Revolution bei Willy Brandt in Deutschland aufhielt, kehrte zurück ebenso wie Álvaro Cunhal von der Kommunistischen Partei (PCP). Dieser hatte 13 Jahre in PIDE-Gefängnissen verbracht, bis ihm 1960 die Flucht aus Peniche gelang. Seitdem hatte er in Moskau und Prag gelebt. Rui Luís Gomes kam aus dem brasilianischen Exil, in dem er seit 1958 lebte. Er der republikanische Präsidentschaftskandidat von 1951. Aus Algerien kamen zwei bekannte und tatkräftige Widerstandskämpfer zurück, die die Patriotische Front für Nationale Befreiung (FPLN) mitbegründet und über den Freiheitssender „Stimme der Freiheit“ die Antifaschisten in der Heimat ermutigt hatten.

Die Aufständischen forderten das sofortige Ende des Kolonialkrieges und die Generalamnestie für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer, die für rund 100.000 Fahnenflüchtige und Kriegsdienstverweigerer sprachen, die vielfach ins Exil gegangen waren. Das Amnestiegesetz wurde am 1. Mai 1974 erlassen, das Ende des Krieges ließ noch auf sich warten. Während des 1. Mai 1974 übernahmen die Aufständischen die Kontrolle über die Straßen. Ein Demonstrationszug ging zum Lissabonner Sportstadion. Mehr als 100.000 Portugiesen wollten dort die Befreiung feiern. Nach den Gewerkschaftern sprachen Mário Soares von den Sozialisten und Álvaro Cunhal, der Vorsitzende der Kommunistischen Partei, die demonstrativ gemeinsam ins Stadion einzogen.

Soares betonte, dass die Kommunistische Partei in der Zeit des Faschismus die meisten Opfer habe bringen müssen, und rief aus: „Hier und heute haben wir den Faschismus endgültig besiegt. Dieser Sieg ist der Sieg des Volkes.“ Soares wie Cunhal verlangten eine Regierung von der Mitte über die Sozialisten bis zu den Kommunisten.

Von dieser euphorisch Stimmung von damals ist geblieben, dass viele Lissabonner heute rote Nelken tragen und Häuser damit geschmückt sind. Auch wir kaufen uns welche. Die Stadt ist voller Menschen und wir mischen uns unter die Einwohner, laufen über den Plaza hoch zum Castelo de São Jorge. Das ist eine Festungsanlage mit integrierter Burgruine und gehört zu den vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Leider warten hunderte Menschen auf Einlass, so dass wir uns mit der Aussenansicht begnügen.

Von da oben genießen wir den Blick über den Tejo und zur großen Brücke, die den Namen „25. April“ führt. Die Stadt mit ihren Auf- und Abstiegen, mit den engen Gassen, den vielen kleinen Bars, den bewundernswerten Kraftfahrern ist beeindruckend.

Am nächsten Tag erledigen B& H ihre Dinge bei der Botschaft und besuchen den Park und sie entdecken wieder viele bemerkenswerte Kleinigkeiten, so bunte Hähne 🐓 in einem Park als lebende Symbolfiguren des Landes. Am Samstag ist das Padrão dos Descobrimentos (das Denkmal der Entdeckungen) im Stadtteil Belem am Ufer des Flusses Tejo unser Ziel. Wir haben traumhaftes Sommerwetter. Das Denkmal wurde 1960 zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer errichtet. Es hat eine Höhe von 56 Metern. Innen gibt es einen Fahrstuhl zur Aussichtsplattform, von der man einen herrlichen Rundblick über den Fluss, zur Brücke, zur Jesusstatur, zum Torre de Belem, zum Kloster Jeronymus und zum Meer hat.

Das Denkmal soll an das Zeitalter der Entdeckungen erinnern und zeigt 33 wichtige Persönlichkeiten des Spätmittelalters aus Portugal. Auf dem Boden vor dem Eingang befindet sich eine Windrose aus Mosaiksteinen. Die Windrose hat einen Durchmesser von 50 Metern und war ein Geschenk der Republik Südafrika. Eine Weltkarte im Zentrum des Mosaiks zeigt die Routen der portugiesischen Entdecker im 15. und 16. Jahrhundert.

Weiter geht unser Weg am Ufer des Tejo entlang zum Torre de Belém. Im Jahre 1515 wurde der Turm vom portugiesischen König Manuel I. in Auftrag gegeben. Sechs Jahre später wurde er fertiggestellt. Er versinnbildlicht seitdem die Glanzzeit des portugiesischen See- und Handelsimperiums. Als Leuchtturm auf einem Felsen im Mündungstrichter des Tejo gelegen, begrüßte er die ankommenden Entdecker und Handelsschiffe. Ursprünglich gab es auf der gegenüberliegenden Seite noch einen zweiten Turm. Feindliche Schiffe konnten so ins Kreuzfeuer genommen werden. Dieser Zwillingsturm wurde jedoch durch das große Erdbeben von 1755 zerstört.

Die Bastion erhält ihren eigenen Charakter durch die reichen Ausschmückungen mit Schnurreliefen, schildförmigen Zinnen, durchbrochenen Balkonen und maurischen Ausgucken. Das düstere Innere diente bis ins 19. Jahrhundert als Gefängnis und Waffenlager. Seit 1983 zählt der Torre de Belém zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Beeindruckt sind wir vom Mosteiro de Belém (dem Jeroymuskloster), dass eins der bedeutendsten Bauwerke der Manuelinik (nach Manuel I. 1495–1521), einer portugiesischen Variante der Spätgotik, die auch einige Elemente der Renaissance enthält. Unter anderem beherbergt es die Sarkophage von Vasco da Gama und verschiedener portugiesischer Könige.

Durch die weite Parkanlage vor dem 300 Meter langen Gebäude kommt die reichverzierte Kalksteinfassade voll zur Geltung. Im Januar 1502 hatte König Manuel I. den Grundstein für das Kloster gelegt, das zum Monument nationaler Größe wurde. Die Bauzeit zog sich über sieben Jahrzehnte hin und überdauerte damit die Blütezeit Portugals. Fünf Architekten zeichneten verantwortlich zwei Portugiesen, zwei Franzosen und ein Spanier. Dennoch wirkt der gesamte Bau einheitlich, von einem gemeinsamen Gestaltungswillen und dem Enthusiasmus der Entdeckungszeit geprägt. Die Anlage war weit größer geplant, realisiert wurden die Hallenkirche, der zweistöckige Kreuzgang mit Refektorium, Kapitelsaal und Sakristei sowie der 192 m lange Westflügel, der mehrfach umgebaut wurde.

Das Kloster beherbergte bis 1834 den Orden des Heiligen Hieronymus, der dem Kloster auch den Namen gab. Das Gebäude überstand das Erdbeben von 1755 ohne größere Schäden. Am 13. Dezember 2007 unterzeichneten hier die Staats-/Regierungschefs der EU-Staaten den Vertrag von Lissabon zur Neuordnung der Europäischen Union.

Wir sind geschafft von all der Pracht und suchen eine Quelle zur Labsal. In einem kleinen Straßenrestaurant gibt es Fisch und Pizza. Hier sind wir richtig. „Uber“ bringt uns auf kurzem Weg vorbei am herrlich beleuchteten Torre de Belem zum Campingplatz.

Drei Tage haben wir das Flair der portugiesischen Hauptstadt geschnuppert. Nun zieht es uns wieder in die Natur, wir wollen das Westkap ansteuern!

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