15. Juni 2016 Das Gewitter und die Gastfreundschaft prägen den Tag
Nach einem sternenklaren Abend wachen wir gegen 1.30 Uhr auf, weil es blitzt und donnert. Wir schließen alle Schotten und harren der Dinge, die da kommen. Die Gewitter ziehen auf einer Seite weg und kommen auf der anderen wieder immer im Kreis um den Talkessel. Das geht bis zum Morgen so. Der Regen hat das Erdreich aufgeweicht. Trotzdem fahren wir los bei 15 Grad und leichtem Regen, ein bisschen mulmig ist uns schon. Wir sehen das auf den Gipfeln Neuschnee gefallen ist.Überall liegen neue Steine auf der Straße, aber es gibt vom See bis ins nächste Dorf (11 km) keine schweren Erdrutsche, obwohl hier Spuren vergangener Abgänge deutlich zu sehen sind. Der See dort oben in 2212m Höhe liegt sehr idyllisch und er ist ein lohnendes Ziel, aber man braucht mehr Zeit zum Verweilen und Wandern. Mit einem PKW kann man die Straße passieren für Fahrzeuge mit Anhänger oder WOMO ist der Weg nicht geeignet.
Nach 25 km und einer reichlichen Stunde Fahrzeit sind wir in 1676 m Höhe an der M34, die von Taschkent nach Dushanbe führt. Hier tobt heute nach dem Regen der Saravshanfluss, der später westlichen nach Samarkand fließt und dort versickert. Das kann man sich bei den augenblicklichen Wassermassen nicht vorstellen.
Jetzt müssen wir aber wieder hinauf auf den Kamm des Zerashangebirge, wo auch das tosende Ungeheuer entspringt.
Wir kämpfen uns zum 6 km langen Dangerous-Tunnel hoch. Der nördliche Eingang liegt 2633 m hoch, der südliche Ausgang 2660 m. Wie hoch wir in der Mitte waren, zeigt unser Navi nicht an. Oben sind 13 Grad.
Nach dem Tunnel beginnt ein endlos erscheinender Stau. Ein Erdrutsch hat eine Fahrspur des folgenden Tunnels verstopft.
Jetzt heißt es für alle Ruhe bewahren und das können die sonst so hitzig fahrenden Tracker erstaunlich gut. Keiner murrt, wenn wir ausländischen Touris uns noch dazwischen schieben. Auch der Bergungstrupp scheint trotz Schwerstarbeit gelassen zu bleiben.
Wir passieren das Nadelöhr relativ schnell und kommen auch an allen anderen, kleineren Katastrophenstellen gut vorbei. Jetzt in südlicher Richtung bis Dushanbe begleitet uns nun der völlig außer Rand und Band geratene Vartobfluss.
Kurz vor Dushanbe überholt uns ein PKW und hält vor uns, unsere Gastgeber für heute Abend. Wir sollten gleich mitkommen, Tee trinken und dann alles erledigen.
Wir willigen ein und folgen Ihnen.
Vorher wird noch der australische Wanderer abgesetzt, der mit unserem Begleitfahrzeug vom See bis nach Dushanbe mitgefahren ist.
Wir folgen unseren Gastgebern in sehr verwinkelte, enge Gassen bis wir vor einem großen Tor stehen. Alle 4 Autos passen gerade auf den Innenhof. Wir bekommen die wichtigsten Örtlichkeiten gezeigt und nehmen dann in einer großen Niesche auf Teppichen platz. Und wieder ist es wie im Märchen, in Windeseile stehen in der Mitte vor uns die herrlichsten Leckereien. Drei junge Frauen wirbeln hin und her und tafeln auf. Wie kann man so viel Gastfreundschaft nur erwidern?
Nach und nach erfahren wir, wie alle miteinander verbunden sind. In dem scheinbar großen Haus leben die Eltern (40 und 41 Jahre alt), die Söhne (20 und 23 Jahre alt) mit ihren jungen Frauen und noch zwei Töchter (17 und 8 Jahre). Eine logistische Meisterleistung bei einer Küche für alle und einem Innenhof, in dem sich alles abspielt. Deutsche junge Frauen können sich dieses Szenario sicher nicht vorstellen. Und das ist ein Dauerzustand. Da kommen dann noch Enkel dazu. Und das funktioniert nur, wenn die Hausherrin die Chefin ist und alle anderen das auch so sehen.
Wir entrinnen erst einmal der gastfreundlichen Enge und fahren zur Bank und zur Versicherung. Auch beides mit mehreren Versuchen verbunden, entweder hatte der Automat kein Geld oder er gab nur eine geringe Summe her. Am Ende waren wir erfolgreich. Das Versicherungsgeschäft gestaltete sich schwieriger. Es gibt hier keine gesetzliche Versicherungspflicht. Der Vertreter will mit seiner Zentrale in London reden und uns morgen ein Angebot machen.
Jetzt noch einige Gastgeschenke kaufen und zurück zu unserer „Familie“. Wir nehmen wieder Platz zum Tee trinken und bekommen dann stolz das ganze Haus gezeigt.
In der ersten Etage je 2 Zimmer und Bad für jeden Sohn und seine Frau.
Die 2. Etage ist noch nicht fertig, das soll Mansarde für Gäste oder später Kinder werden.
Im Keller leben die Eltern. Ein Schlafzimmer ein Kinderzimmer. Ein großer Lagerraum.
Auf dem Hof gibt es eine Sommer- und eine Winterküche, ein Bad, einen Raum zum Essen und ein Freizeitzimmer. In der Mitte des hermetisch abgeschlossenen Grundstücks ist ein kleines Beet mit zwei Bäumchen, Tomaten und Paprika.
Nach der Besichtigung wartet schon das nächste Essen auf uns. Gastfreundschaft der Superlative. Dabei sehen wir eine Hochzeits-DVD und einige Hochzeitskleider werden vorgeführt.
Jeder Dank, den wir aussprechen, ist zu gering für das, was wir hier an Gastfreundschaft erfahren.
Wir schlafen in unseren Autos, die vorher von allen jungen Frauen eingehend besichtigt wurden.
Was werden sie über unsere Art zu Leben denken? Hier treffen Gegensätze aufeinander und wir können doch so liebenswürdig miteinander umgehen. Mit dieser gegenseitigen Akzeptanz der Gegensätze könnte Weltpolitik vielleicht funktionieren.
wir verfolgen auch Eure Reise ganz gespannt. Die Berichte sind wirklich gut geschrieben und lassen einen unmittelbar teilhaben. Weiter gute Fahrt und bleibt gesund und vor allem unfallfrei!
Conni und Rainer
Hallo Ihr Lieben.
Euer Reisebericht ist sehr interessant und abenteuerlich. Die Gastfreundschaft der Leute ist ja sehr positiv. Man bekommt gleich Lust los zu fahren.
Euer Reisebericht muss unbedingt in ein Buch gefasst werden. Ich wünsche Euch noch sehr schöne Reisetage.
LG Moritz und Ralf
Abenteuerlich!!!! Das Herz war doch bestimmt öfters mal in die „Hose gerutscht“
Bekommt Ihr von der Fußball EM eigentlich was mit; nur so ne Frage.
Können wir nur bestätigen – abenteuerliche Touren, die ihr so erlebt!
Zumindest ist die Temperatur jetzt wohl angenehmer und ihr seht auch alle sehr gut aus auf den Bildern! Genießt die Gastfreundschaft und bleibt gesund bei den weiteren Touren durchs Hochgebirge!!!
Wünschen Birgit & Franky
Hallo zusammen. Wahnsinn!! Das ist Abenteuer! Dass diese Straßen überhaupt befahrbar gehalten werden können, bei diesen topografischen Verhältnissen, das verwundert schon sehr.
Da bin ich sehr gespannt, wie das dann auf dem Pamir-Höhenweg weiter geht, denn ihr fahrt doch sicher von Duschanbe nach Osch, oder?
Beste Grüße von Werner