Dietmar und Geli Unterwegs

5. August 2016 Der Irtysch in Semipalatinsk und die Vergangenheit der Stadt

Ein leckeres, ganz individuell von der Oma des Hauses zubereitetes Frühstück garantiert uns einen angenehmen Morgenbeginn. Ich bin nicht die „Oficiantka“ entschuldigte sie sich noch bei uns, weil sie aus ihrer Sicht nicht perfekt war, dabei machte sie alles ganz toll.Danach schwärmen wir alle zum Stadtbummel aus, Bernd sucht seinen „Strahlenbunker „und ist seit gestern dorthin unterwegs.

Wir wandern von einem Park zum anderen. Im ersten brennt die ewige Flamme und sowjetisch-kasachische Helden werden geehrt. Im 2. ist ein Vergnügungspark mit „Gagarinschleuder „und anderen Highlight.

Dann gibt es noch einen 3. Park und der liegt am Irtysch.

Für uns ist es ein weiteren großen asiatischen Fluss, den wir queren. Er ist

4248 km lang und entspringt im chinesisch-mongolischen Altai als schwarzer Irtysch. In Russland mündet er dann in den Ob.

Wir sehen heute acht Hochzeitspaare mit ihren Gästen und ihren Stretchlimusinen oder heute schon mit Stretchgeländewagen. Sie lassen sich alle vor dem Denkmal von Abay Ibrahim, einem kasachischer Philosophen, Poeten und Musiker, der hier sehr verehrt wird und der von 1845 bis 1904 lebte, fotografieren.

Dann fahren alle Hochzeitsgesellschaften zu dem 3. Park am Irtysch, in dem ein Denkmal für die Opfer der Atombombentests steht. Im Sommer picknicken hier die Stadtbewohner und die Brautpaare lassen sich vor dem in Stein gemeißelten Atombombenpilz ablichten. Daneben steht ein Baum, um dessen Äste viele bunte Tücher gewickelt sind – laut Volksglauben gehen dadurch Wünsche in Erfüllung.

Es beginnt zu regnen. Wir staunen, dass es auch in Kasachstan so oft im Sommer zu Gewittern kommt. Die Temperaturextreme können hier in Semipilatinsk zwischen Sommer (45 Grad) und Winter (-50 Grad) sehr hoch sein. Wir haben zum Glück bisher sehr moderate Temperaturen.

Wir eilen ins Hotel zurück, ein heftiges Gewitter zieht auf.

Hier sind inzwischen B&K aus Kurchatov angekommen, der nach dem »Vater der sowjetischen Atombombe« benannte Stadt am Rande des früheren Testgebiets. Sie berichten von dem Versuch der Wiederbelebung dieser Region und wir finden im Internet einen Bericht von einer Konferenz 2012 im Nationalen Nuklearzentrum:
„Der Kontrast kann nicht größer sein: Von oben blicken wir auf ein großzügig angelegtes, modernes Forschungsgelände. Im Konferenzsaal des Nationalen Nuklearzentrums informiert ein Film über die Geschichte der sowjetischen Atombombe. Vergangen ist die Zeit der Verschwiegenheit über die damaligen Ereignisse in der kasachischen Steppe. Sicher, die sowjetische Atomforschung und ihre Testfelder trugen zum nuklearen Gleichgewicht und wohl auch zur Verhinderung eines nuklearen Weltkrieges bei. Aber um welchen Preis? Allein in Kasachstan wurde ein Gebiet von 300 000 Quadratkilometern, also von der Größe Deutschlands, von der Strahlung betroffen, Hunderttausende Menschen leiden noch heute an den Folgen. Damit beschäftigt sich das dem Zentrum angeschlossene Institut für Strahlungssicherheit. Im Nuklearzentrum wurden auch Geräte für die Kontrolle des Kernwaffenteststopps entwickelt; mit 16 Stationen trägt Kasachstan zum internationalen Überwachungssystem bei. Zu den zukunftsorientierten Einrichtungen gehört ein Nukleartechnologie-Park für die Entwicklung von hochmodernen Materialien, Technologien und Geräten im Öl- und Gas-Bereich, dem Bauwesen, der Pharmazie und anderen Gebieten. Gerade fertig gestellt wird der thermonukleare Testreaktor »Tokamak KTM«. Er soll der Erforschung von Materialien für die Fusionsenergie dienen, die unter hohen Temperaturen, starken magnetischen Feldern und ionisierender Strahlung genutzt werden.
Alles für eine kernwaffenfreie Welt – von diesem Wunsch der Bevölkerung Kasachstans können sich die Konferenzteilnehmer schließlich am Denkmal »Stärker als der Tod« in Semipalatinsk überzeugen, das den Opfern der Kernwaffentests gewidmet ist. Hier haben sich an diesem Tag Tausende versammelt, um gemeinsam mit den ausländischen Gästen den Internationalen Tag gegen Kernwaffentests zu begehen.“
* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 06. September 2012
Während die Vereinigten Staaten vor den Abwürfen der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki schon 1945 den ersten Atomwaffentest auf der Alamogordo Test Range im Bundesstaat New Mexico durchgeführt hatten, zog die Sowjetunion vier Jahre später, am 29. August 1949, mit der Explosion der RDS-1 nach. Von 1949 bis 1989 wurden hier 496 nukleare Bombentests durchgeführt, davon 131 überirdisch.

Am 29. August 1991 erfolgte die Stilllegung des Atomwaffentestgeländes Semipalatinsk, 1996 wurden die Stollen versiegelt, die jedoch durch illegale Altmetallhändler wieder aufgebrochen wurden.
Mit 100 Tonnen TNT wurde am 29. Juli 2000 der letzte Tunnel auf dem Areal zum Einsturz gebracht und die frühere nukleare Nutzung des Gebiets endgültig beendet. Im Jahr 2012 war die Sicherung aller bekannten Überreste der Atomtests beendet.

Eine gruselige Bilanz, an der heute noch viele Menschen leiden.

 


  1. Hallo Reisende
    Mit Spannung und Interesse haben wir die Erlebnisse, Begegnungen und Schönheiten der letzten Tage verfolgt. Wie immer sind wir von den Menschen und der Natur faziniert. Mit Genugtuung haben wir zur Kenntnis genommen das die Technik und alle Beteiligten wieder voll einsatzbereit und auf neue Reiseerfahrungen eingestellt sind. Bei uns am Stausee sind die ersten Tomaten reif und der Sommer ist sehr wechselhaft.
    Gestern haben wir am Abend mit den Cottbusser Postkutscher eine Stadtführung unternommen was hoch interessant, erlebnisreich und spannend ablief. In der laufenden Woche haben wir Cassandra als Ferienkind bei uns.
    Wir wünschen euch weiter beste Gesundheit und tolle Erlebnisse.
    Beste Grüße von S. & J.

  2. Hallo,heute ein kleiner Bericht von Gü, er ist sehr
    beeindruckt von den vielen schönen Geschichten
    über die Menschen ,die so lieb und gastfreundlich
    sind. Man ordnet so vieles anderes, und bildet sich
    immer mehr eine eigene Meinung.Wir wünschen
    weiterhin eine erlebnisreiche Reise.Ganz liebe
    Grüße von Gü&Ga

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.