23. Mai 2018 Arkaim, das russische Stonehenge
Wir haben heute Nacht nichts von der kosmischen Energie gespürt, die hier wirken soll, aber die große Ruhe war schon angenehm, anders als die Nacht davor. Um 10 Uhr treffen sich alle vor dem Empfangsgebäude. Hier starten verschiedene Exkursionen. Wir beschließen, allein zu gehen, da wir eh nicht verstehen, was erzählt wird und die Gruppen auch zu schnell laufen.
Je höher wir auf einen Berg steigen, um so mehr erschließt sich uns das Gelände. Es wirkt wie ein riesiger Vulkankrater, nach Jahrmillion abgeflacht und von einem Bach durchzogen, der bei Hochwasser wohl sehr heftig werden kann. Deshalb sollte an dieser Stelle ein Stausee angelegt werden und damit beginnt die neueste Geschichte von Arkaim. Eine Gruppe von Wissenschaftlern aus Tscheljabinsk, die die Gegend auf eine Flutung vorbereiten sollten, um einen Stausee zu schaffen, entdeckte den Ort 1987; untersucht wurde die Stätte durch Notgrabungen unter der Führung von Gennadii Zdanowitsch. Zunächst ignorierten die sowjetischen Behörden die Funde und hielten am Plan fest, die Gegend zu fluten, mussten diese Pläne jedoch aufgeben.
Arkaim wurde 1991 unter Denkmalschutz gestellt. Obwohl die Siedlung in grauer Vorzeit niedergebrannt und verlassen wurde, blieben viele Details erhalten. Die Stätte wurde von zwei kreisförmigen Wällen geschützt. Es gab einen zentralen Platz, umgeben von zwei spiralförmigen Ringen, durch eine Straße getrennt. Auf den Ringen wurden bisher 30 Häuser entdeckt, die alle gleich groß waren. Die Siedlung bedeckte etwa 20.000 m². Der Durchmesser der umschließenden Mauern betrug 160 m. Sie bestanden aus Erde, die in Holzrahmen gepackt und von luftgetrockneten Lehmziegeln verstärkt wurde. Sie waren 4–5 m dick und 5,5 m hoch. Ein 2 m tiefer Graben umgab die Siedlung.
Es gab vier Zugänge durch die äußere und innere Mauer, wobei der Haupteingang im Westen lag. Die Gebäude hatten Flächen zwischen 110 und 180 m². Der äußere Ring hatte 39 oder 40 Häuser, der innere Ring bestand aus 27 Häusern Zdanowitsch schätzt, dass in der Siedlung 1500 bis 2500 Menschen gelebt haben könnten. Bisher hatte man in dieser Steppenregion nur Nomadenstämme als Bewohner angesehen. Deshalb verwundert alle Experten diese massive Stadtanlage. Die Bronzezeit Siedlung Arkaim ist ein geheimnisvoller und legendenumwobener Ort. Bis heute rätseln Archäologen, wer vor 4000 Jahren eine Stadt mit drei bis fünf Meter dicken Mauern errichtet hat – und warum.
In den vergangenen 30 Jahren sind 22 solcher Siedlungen entdeckt worden, alle befinden sich in einem für russische Verhältnisse kleinen Territorium von 350 mal 200 Kilometer Größe. Als „Land der Städte“ ist dieses Gebiet – und vor allem Arkaim – bereits weit über Russlands Grenzen hinaus bekannt. Diese Siedlungen werfen spannende Fragen auf, weit über die Region hinaus bis in die europäische Vorgeschichtsforschung. Das neue Siedlungsmodell stellt eine vollkommen neue Form der Wohnarchitektur in der Steppe dar.
Die meterdicken Stadtmauern könnten auch der Sicherung von Schätzen gedient haben. Schließlich ist das Uralgebirge, die Grenze zwischen Europa und Asien, voller Mineralien. Kupfer-, Malachit- und Gold kommen hier vor. „Kupfer ist der Stoff der Bronzezeit, Gold spielt eine besondere, mythische Rolle in der Vorstellungswelt der Bronzezeit“.Man ist sich sicher: „Der Erzreichtum ist ein Grund für die Siedlungen. Was immer auch zum Bau dieser Anlage geführt hat, es ist für uns heute noch beeindruckend, zu welcher Meisterschaft die Menschen in grauer Vorzeit fähig waren und welche exakten mathematischen und astronomischen Kenntnisse sie besaßen, denn die Anlage ist nach genauen astronomischen Berechnungen aufgebaut. An einem Kiosk sagt man uns dann auch, dass wir dieses Jahr die ersten ausländischen Individualtouristen seien, die sich hierher fänden. Man bestätigte uns auch, dass sich die Anlage in einem riesigen Vulkanfeld befinde. Vielleicht dadurch die Anomalien im Magnetfeld.
Als wir die Anlage verlassen, streikt die Schranke und ein Zaunfeld muss für uns ausgehobelt werden. Vielleicht doch übersinnliche Mächte? Vielleicht sollten wir noch bleiben?
Die Verabschiedung ist wieder mal überaus herzlich. Jetzt, als wir aus dem Riesenkrater heraus sind, fahren wir wieder Richtung Ural bei heute schon flirrende Wärme von 29 Grad durch die unendlich scheinende südrussischen Steppe. Auf einer Umleitungspiste begegnet uns eine große Herde frei lebender herrlicher Pferde mit ihren verspielten Fohlen. Ein wunderschöner Anblick. Endlich sind wir wieder auf der Straße nach Norden und bald haben wir auch wieder Netzempfang. Deshalb halten wir auf einen großen Parkplatz an, um Nachrichten und Bilder zu senden.
Da hält plötzlich ein riesiges gelbes Mercedes-Off-Road-Fahrzeug neben uns. Zwei junge Leute springen raus – Deutsche – und begrüßen uns herzlich. Sie sind seit 2016 unterwegs, haben in der Zeit ihr Baby in Georgien zur Welt gebracht und nun fahren sie zu Dritt. Wir haben zwei Stunden miteinander geplaudert, es gab so viel zu erzählen. Dann wünschten wir uns gegenseitig gute Reise und trennten uns in entgegengesetzte Richtungen. Wir kamen an Magnitogorsk vorbei, eine klassische Industriestadt, mit vielen rauchenden Schloten. Dagegen über dem Ural ein herrlicher Abendhimmel mit Gewitterwolken. Es wird Zeit, einen Platz zu suchen.
Es ist wieder sehr beeindruckend den Bericht zu lesen.
Und so toll Menschen aus Deutschland zu treffen mit
einer so tollen Geschichte. Bei uns ist der Alltag wieder
eingezogen. Wir wünschen eine gute Weiterfahrt mit vielen
Eindrücken und Erlebnissen. Liebe Grüße von den Mortkeranern