17. Juni 2018 Mit dem Boot zu den Lenafelsen
Die Sonne steht hoch am Himmel und wir erfreuen uns an dem herrlichen Blick über den Fluß, aber wir wissen noch immer nicht, wie wir zu den Lenafelsen kommen. Da schlägt wieder einmal der Zufall bei unserer Reise zu. Ich schaffe Müll in eine Tonne, da kommt eine junge Frau aus ihrem Haus, auch mit Müll. Wir kommen ins Gespräch und sie fragt, wo wir hin wollen. Ich sage, mit dem Auto zu den Lenafelsen. Sie fragt, ob ihr Bruder uns mit seinem Boot fahren soll.
Das wäre eine tolle Idee, denken wir. Sie ruft ihn an, ob er Zeit hat, er nennt uns seinen Preis. Wir sind einverstanden. 30 Minuten später ist er mit einem „Waldjeep“ (UAZ) da. Wir fahren ans Ufer, er holt sein Boot 🚤. Wir müssen Schwimmwesten anlegen. Dann geht es los, zügig über die Lena. Sie soll hier 10 km breit sein, weiter nördlich 20 bis 40 km. Durch die vielen Inseln dazwischen sieht man das nicht. Am Ufer sind nur wenige Menschen zu entdecken, einige Angler und Kletterer. Ansonsten unberührte Natur bis ein großer Steinbruch sich in die grüne Uferlandschaft frisst. Unser Kapitän findet das nicht gut. Ich denke er ist Umweltschützer, er arbeitet viel im Wald, jagt, angelt. Er liebt seinen Winter in der Taiga mit minus 50 Grad. Das sei wunderbar, wenn er mit dem Auto über die 2m dicke Eisschicht der Lena fahren kann. Er will uns Bilder davon schicken.
Über eine Stunde sind wir auf dem Fluss unterwegs. Die Felsformationen werden immer höher und bizarrer. Wir sind etwa 150 km flussabwärts, südwestlich von Jakutsk. Die aus dem Kambrium, dem Erdaltertum stammenden Felsen erstrecken sich entlang des Südufers des Stromes auf etwa 80 km Länge. Sie erreichen maximal etwa 300 m und im flussnahen Hinterland maximal rund 328 m Höhe. Die Felslandschaft liegt im „Naturpark Lenafelsen“ oder „Lena-Phähle“ (Lenskie stolby) der 1995 gegründet wurde und 4850 km² groß ist und 2012 von der UNESCO als Weltnaturerbe ausgewiesen wurde.
Das ist der Grund, dass an einer Stelle ein Naturlehrpfad angelegt wurde, den wir jetzt ansteuern. Selbst Medvedev war zu diesem Anlass hier und hat seinen Handabdruck hinterlassen. Wir zahlen unseren Eintritt und alles wird genau registriert, Name, Nationalität, Anzahl der Personen, Unterschrift. Mit einer jungen Parkangestellten und zwei weiteren Gästen begebe ich mich auf eine Exkursion, von der ich nicht weiß, wo sie hin führt. Wir kommen an Karten vorbei, die das Gebiet der Felsen und ihre erdgeschichtliche Entstehung erläutern. Durch die Erosion wurde der Kalkstein zu unzähligen Säulen unterschiedlichster Statur geformt. Oft wirken sie wie verwunschene Schlösser.
Wir sehen Trilobiten, die hier gefunden wurden und Felszeichnungen. Alles sehr interessant, auch wenn ich nur Bruchteile verstehe. Dann geht es immer tiefer und höher in den Wald und die Mückenplage nimmt zu. Unsere Führerin scheint das wenig zu stören. So macht die Tour manchmal fünfmal am Tag und ist damit immun gegen diese Stechtiere.
Jetzt erfahre ich auch, dass die Treppenstiege nur 2 km lang ist und wir bald oben sind. Ich schnaufe wie eine Dampframme, aber meine jungen Begleiter sind sehr rücksichtsvoll und warten immer auf mich. Oben werde ich für alle Qualen entschädigt. Wundervolle Blicke auf die Felsen, den Fluß, die Inseln und das entfernte Ufer. Leider ist die Sonne hinter dicken Wolken verschwunden und damit sind die Lichtverhältnisse für Fotos nicht brillant. Manche Erlebnisse kann man nur in der Erinnerung speichern.
Der Abstieg ist dann wesentlich einfacher, aber bei den völlig unterschiedlichen Höhen der Stufen muß ich höllisch aufpassen. Unten warten Dietmar und unser Kapitän. Wir sollen schnell aufbrechen, denn Regen und Wind drohen. Die Wellen auf dem Fluß werden immer höher, doch unser kleines Boot kämpft sich tapfer durch. Unserem Kapitän ist das nicht egal. Er bemüht sich, das Boot in den Windschatten der Felsen am anderen Ufer zu steuern. Als das geschafft ist, entspannt er sich sichtlich und wir können uns wieder unterhalten.
Vor dem heftigen Regen erreichen wir unseren Ausgangspunkt und unser Auto. Schnell verabschieden wir uns, denn unser Weg ist noch weit und sehr uneben, erst zwei Stunden Waldhuppelpiste und dann 80 km Asphalthuppelstraße. Unser Bedarf an Erschütterungen ist für heute gedeckt. Etwa 50 km vor Jakutsk flacht das Land ab. Das Hochplateaus wird durch die Tiefebene der Lena abgelöst.
Die Häuser in den Dörfern vor Jakutsk sind überwiegend sehr farbenfroh und wirken neu gebaut oder renoviert. Wir sind froh, als wir endlich Jakutsk und unser Hotel erreichen. Jetzt schnell einchecken, noch etwas essen und dann einstimmen auf das Fußballspiel Mexiko 🇲🇽 – Deutschland 🇩🇪. Hier ist inzwischen Mitternacht und als das Spiel zu Ende ist, wird es draußen schon hell trotz Regenhimmel.
Viva la México – wir gratulieren!!!👏👏
Schreibe einen Kommentar