Dietmar und Geli Unterwegs
Reisetagebuch unserer Offroad-Reise mit dem Pickup Truck durch den Westen Russlands bis zum Ural

01. August 2018 Auf der Wolgainsel in Swijaschsk

Kasan zeigt sich bei strahlender Sonne noch einmal von seiner schönsten Seite als wir es verlassen. Die Wolga queren wir erst am westlichen Rand von Kasan, der aber inzwischen mit mehreren Satellitenstädten bebaut ist. Unser Ziel ist heute die Wolgainsel Swijaschsk.

Auf einer Anhöhe am Zusammenfluss der Wolga und ihres rechten Nebenarmes Swijaga, thront die Siedlung Swijaschsk mit nur 62 Hektar Fläche. Zu einer Insel wurde sie erst in den 1960er Jahren des 20. Jahrhunderts. Grund dafür war die Errichtung des Kuibyschewer Stausees und des zu der Zeit weltweit größten Wasserkraftwerkes „V.l. Lenin“.

Zar Iwan der Schreckliche ließ in Swijaschsk 1551 eine Festung errichten, das wichtigste Bollwerk im Kampf um das Khanat Kasan samt seiner Hauptstadt. Dafür trug man die hölzerne Bastion in Uglitsch etwa 100 km nördlich von Moskau ab, verfrachtete sie zerlegt in Einzelteile auf Flöße, schipperte die Fracht 1.500 km flussabwärts und baute alles in Swijaschsk wieder auf. 75.000 Mann errichteten die Stadt in nur vier Wochen.

Nach der Eroberung des Tatarenreiches wurde die Festung in eine Klosteranlage umfunktioniert und zum Zentrum des russisch-orthodoxen Glaubens in der Region.

Nach der Revolution wurden die Klöster geschlossen und man zerstörten einige Kirchen. In den übrig gebliebenen Gebäuden der ehemaligen Festung richteten man zunächst Haftanstalten ,später dann ein Erziehungsheim für obdachlose Kinder ein

Tartastan macht die Insel wieder schön.

Nach der Auflösung der Sowjetunion erhielt die russisch-orthodoxe Kirche die Klosterstadt zurück.

Die meisten Gebäude wurden und werden noch restauriert.

Tatarstan unternimmt einiges, um die Insel attraktiv zu machen. Unter anderem schüttete es 2008 einen etwa 3,5 km langen Damm von der Insel zum Festland in südwestlicher Richtung auf, der befahren werden kann und mit einer neuen Fernstraße zwischen Moskau, Kasan und Ufa verbunden ist.  Mittlerweile gibt es sogar ein Hotel, einige Restaurants und Cafés

Heute gibt es in Swijaschsk insgesamt 37 Denkmäler, darunter zwei Klöster und sieben Kirchen. Die einzige erhaltene Holzkirche unter den Gotteshäusern stammt aus der Zeit Iwans des Schrecklichen. Gebaut wurde sie ohne einen einzigen Nagel. Noch immer sind die Axteinschläge der Zimmerleute von Jaroslawl im Holz zu sehen.

Vor jeder Kirche und dem Kloster liegen Röcke und Tücher bereit und es wird streng darauf geachtet, dass Frauen Kopftuch tragen und selbst über lange Hosen ein Rock gebunden wird und auch Männer mit kurzen Hosen müssen so einen Rock anlegen.

1561 entstand außerdem die Mariä-Himmelfahrtskathedrale im gleichnamigen Kloster. Am 9. Juli 2017 erklärte die UNESCO die Kirche zum Welterbe. Bemerkenswert sind die Fresken, darunter eine Darstellung Zar Iwans des Schrecklichen, die noch zu seinen Lebzeiten entstanden sein soll.

Kurz vor der Oktoberrevolution gesellte sich die monumentale neobyzantinische Kirche „Aller Trauernden Freude“ zum religiösen Ensemble.

Das gesamte Gelände ist von einer fast einen Kilometer langen Wehrmauer umgeben.

Bei der heute herrschenden Hitze hält man es nur mit im Kloster gebrautem gekühltem Kwas oder Zitronenlimonade aus.

Am Ende kaufen wir noch im Holzofen frisch gebackenes Brot und von den Frauen selbst hergestellte Marmelade mit diversen Kräutern.

Nach Ende der Besichtigung steht die Frage, wo wollen wir heute schlafen.

Dietmar hat auf dem Navi einen „Campingplatz“ an der Wolga ausgemacht und wir lassen uns von seiner „Freundin“ dort hinbringen, hoffen wir.

Nach dem Abbiegen von der Hauptstraße werden die Sträßchen immer enger und holpriger. Dann begrüßt uns an einem Dorfeingang eine „Russische Schöne“ mit Brot und Salz. Hier sind wir bestimmt richtig?

Aber die Dorfstraße wird zu einem unbefestigten Weg und neigt sich heftig abwärts Richtung Wolga. Wir fragen einen Mann, ob hier ein Campingplatz ⛺️ sei und er zeigt uns einen Weg. Dieser entpuppt sich als äußerst ausgewaschen, lehmig und steil, so dass wir beschließen umzukehren. Das Risiko ist uns doch zu groß in dieser Einsamkeit allein stecken zu bleiben😝.

Wieder auf der Hauptstraße, steuern wir den nächsten großen Rastplatz an, zahlen unsere 100 Rubel und bekommen einen sicheren Platz neben dem Café.

Hier im wesentlichen Teil des Landes ist es üblich, dass die Truckerplätze bewacht, jetzt auch asphaltiert sind und man 100 Rubel bezahlt.

Bevor wir unser Dach öffnen können, belagert uns ein LKW-Fahrer mit seinen Fragen, läd uns zum Essen ein und wir sitzen zusammen bis das Café schließt. Später gesellt sich noch ein zweiter Fahrer dazu, der auch Westeuropatouren fährt und sich sicher ist, schon durch Hoyerswerda gekommen zu sein.

Bei den Gesprächen merken wir, dass die Menschen hier inzwischen merken, welche Meinung die deutschen Medien über Russland verbreiten und sie fangen an zu glauben, dass Deutsche etwas gegen Russland habe. Deshalb waren sie positiv erstaunt, zwei Deutsche persönlich kennen zu lernen, die ihr Land begeistert durchfahren und loben.

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