20. August 2018 Von Krimulda mit der Seilbahn nach Sigulda
Heute verlassen wir das kleine Städtchen Cesis mit seinen 17.000 Einwohnern und fahren weiter durch den Nationalpark Gauja. Und unser Blick fällt auf ein Straßenschild „Achtung Skifahrer“. Träumen wir oder was, wir sind auf einer Höhe von 117 m? Plötzlich eine Ausschilderung zu einem Skilift. Jetzt wird es spannend! Wir folgen ihr und kommen zu Lettlands beliebtester Skipiste ⛷, die 400 m lang ist. Die steilen Abhänge ins Urstromtal der Gauja hinab sind auch für Fortgeschrittene anspruchsvoll.
Es gibt insgesamt 12 Skigebiete in Lettland und Wintersport ist sehr beliebt. Es ist also keine Fatamorgana, dass wir hier Liftanlagen, Schneekanonen und Pistenbullis sehen. Wir vergnügen uns hier sommerlich auf einer riesigen Brettschaukel.
Im Gegensatz zu Russland, wo Tourismus sich nur sehr lokal begrenzt entwickelt, ist hier die touristische Erschließung des Landes in vollem Gange. Es gibt sogar streckenweise Fahrradwege und einige mit Beleuchtung. Unterwegs ereilt uns immer mal ein kleiner Schauer und in Ansätzen herbstelt 🍂 es schon, die Birken beginnen sich zu verfärben. Auf den Feldern reift hier noch eine Besonderheit – Buchweizen, in der Bio-Ernährung zunehmend beliebt.
Dann erreichen wir Sigulda, wieder so ein kleines Städtchen im Gauja-Nationalpark mit etwa 12.000 Einwohnern. Wir durchqueren es erst einmal, fahren im Tal über die Gauja und schlängeln uns am anderen Flußufer hinauf nach Krimulda.
Hier oben parken wir an besonderer Attraktion. Hier dürfen wir in die bislang einzige Seilbahn von Lettland einsteigen und die gelbe Gondel setzt sich in Bewegung.
Begleitet von einem surrenden Geräusch verläuft die Fahrt zunächst auf Höhe der Baumkronen. Im oberen Hangbereich ist die Trasse der Seilbahn nur durch eine schmale Schneise im Wald zu erkennen.
Erst, als wir schon relativ weit unten sind, verlassen wir den Wald. Zu unserer Linken überquert sie die P8 die Gauja auf einer über mehrere Pfeiler hinwegführende Brücke. Rechts von uns öffnet sich die Sicht auf das braune Wasser des Flusses. Verantwortlich für die Färbung sind im Wasser gelöste Huminstoffe, die in den teils sauren Böden entstehen und auch die Sandbänke verfärben.
Nach zehn Minuten endet die Fahrt bei der Station von Sigulda .
Die Idee für so eine Bahn hatte Aivars Janelsītis aus Sigulda. An einem Abend, als die Brücke über die Gauja nach den Kriegszerstörungen noch nicht erneuert war, saß er am linken Ufer der Gauja, auf der Seite von Sigulda und überlegte: es wäre schön, wenn er wie ein Vöglein hinüber nach Krimulda fliegen könnte, dort arbeitete im Sanatorium als Krankenschwester seine Geliebte Genoveva. Einige Jahre später, als Aivars und Genoveva schon verheiratet waren, fand er in einer Zeitschrift der Artikel über die Seilbahnwege für Fahrgäste in der Gebirgsstadt Chiatur in Georgien. Aivars Janelsītis, der als Abteilungsleiter der Kommunalwirtschaft des Exekutivkomitees im Bezirk Riga arbeitete, begann einen Briefwechsel mit dem Erfinder der Seilbahn In Georgien. Für die Bezirksleitung wurde ein Vorschlag über den Bau der Drahtseilbahn über das Urstromtal der Gauja vorbereitet. Das Ministerkabinett wurde um Unterstützung gebeten, das Projekt wurde ausgearbeitet. Zum 750. Jubiläum von Sigulda empfing man eine georgische Delegation und die Georgier haben erklärt, daß sie der Stadt Sigulda das technische Projekt schenken werden. Aber die Arbeit wurde 1961 unterbrochen und erst 1965 wieder aufgenommen. Der Mechanismus der Drahtseilbahn wurde in Leningrad gefertigt, der Wagen für 22 Fahrgäste im Rigaer Wagenwerk. Am Bau der Drahtseilbahn waren mehr als 200 Leute beteiligt. Allein das technische Projekt haben 20 Fachleute erarbeitet.
Zu Beginn des Jahres 1969 wurde bei Orchesterklängen der 1025 m lange Weg der Drahtseilbahn über das Urstromtal der Gauja feierlich eröffnet. Das tragende Drahtseil verbindet ohne einen Mittelstützpunkt die Ufer des Urstromtales der Gauja zwischen Sigulda und Krimulda in der Höhe von etwa 40 Metern über dem Fluß.
Vom Wagen hat man eine herausragende Aussicht auf das Urstromtal der Gauja, auf drei mittelalterliche Burgen- Sigulda, Turaida und Krimulda und die Gauja Brücke. Der Wagen dient als ein einzigartiger Verkehrsmittel, er fährt nach einem bestimmten Fahrplan und bringt Fahrgäste über das Tal durchschnittlich einmal in einer halben Stunde. In der Sommersaison können Liebhaber von besonderem Nervenkitzel am Wochenende ihren Mut im Bungeejumping prüfen. Der Wagen der Drahtseilbahn stoppt gerade in der Mitte der Gauja- dann die Augen zu und einen Schritt ins Leere!
Oder man gleitet liegen der Bahn entgegen und wird von ihr dann wieder nach oben geschoben.
In Sigulda angekommen, heißt es sich zu orientieren. Die Stadt hat einen parkhaften Charakter. Sie liegt 53 km nordöstlich von Riga. Die Region bezeichnet sich aufgrund der reizvollen Landschaft gerne als Lettische Schweiz. Die Stadt besteht aus den drei Stadtteilen Sigulda (mit der historischen Altstadt), Turaida und Krimulda.
Die ältesten archäologischen Funde in Siguldas Umgebung gehen auf 200 v. Chr. zurück. Sie stammen von Siedlern, die in Hütten lebten, Wild jagten, fischten und Viehzucht betrieben. Vom 6. bis zum 7. Jahrhundert n. Chr. siedelten sich hier Semgallen an, wie einige Grabhügel und die Reste eines Bauerngehöfts beweisen. Ausgrabungen bei der Burg Turaida und dem Schloss Satesele zeigen, dass Liven in dieser Gegend seit dem 11. Jahrhundert lebten.
Turaida war Sitz eines Fürstengeschlechtes, aus dem der Fürst Kaupo abstammt. Dieser gilt als erster christianisierter Stammesfürst und wurde von seinen Zeitgenossen als Verräter betrachtet, weil er mit den Ordensrittern paktierte. Nach wechselreichen Kämpfen, an denen Semgallen, Kreuzritter, Liven und Esten beteiligt waren, wurden bis 1212 die letzten freien Liven unterworfen. Bereits 1207 war das Gebiet zwischen den Eroberern aufgeteilt worden. Die Burg Segewold gehörte dem Schwerbrüderorden (später livländischer Ordenszweig des Deutschen Ordens), während die Burgen Krimulda und Turaida zum Erzbistum Riga.
1561 im kam Livland unter die Kontrolle von Polen-Litauen. In dieser Zeit wurde Sigulda zu einem regionalen Zentrum ausgebaut. Eine Reihe von neuen Gutshöfen entstand im Umkreis. Im Schwedisch-Polnischen Krieg wurden Burg und Siedlung zerstört. Das Gebiet kam an Schweden, war aber wiederholt dem Einfall von russischen Heeren ausgesetzt. Sigulda wurde erneut zerstört und von der Pest heimgesucht. Die alte Siedlung an der Burg wurde nicht wieder aufgebaut. Die Burg blieb als Ruine zurück. 1721 kam Livland zum Russischen Reich.
Das Neue Schloss wurde in der Nähe der Burgruine von 1878 bis 1881 im Neogotischen Baustil errichtet und ist von einem Park umgeben. Zur Zeit wird es restauriert
Sigulda erfuhr nach der Eröffnung der Bahnlinie Rīga–Valka im Jahr 1889 ein rasantes Wachstum. Die reizvolle Natur zog die Oberschicht Rigas zu Ausflügen und Bällen an. Selbst der russische Zar wählte Sigulda gelegentlich als Feriendomizil. Das Hotel Segewold eröffnete nicht weit entfernt von dem neuen Bahnhof seine Pforten. Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde Sigulda zu einem bevorzugten Reiseziel für Händler und Touristen.
1928 bekam Sigulda die Stadtrecht.
Nach der erneuten Unabhängigkeit Lettlands zog 1993 die Stadtverwaltung in das zuvor als Sanatorium genutzte „Neue Schloss“ ein, das seit 2004 Sitz der Bezirksverwaltung ist.

Neues Schloss und Park von Sigulda.
Wir erfreuen uns zuerst an dem Spazierstockpark, da hier in der Stadt früher diese Stöcke hergestellt wurden. Heute sind sie Souvenirartikel.
Wenige Meter später ist ein Fahrraddenkmal mit dazugehöriger fest installierter Luftpumpe und Reparatur-Werkzeug.
Nach einer Pizzapause besichtigen wir den Bahnhof, wie in Russland ein Schmuckstück in der Stadt mit Klavier in der Mitte und funktionierenden Fahrkartenschaltern.
Vor dem Bahnhof steht eine Laima-Uhr. Sie wurde der Stadt von der Rigaer Schokoladefirma geschenkt und der Titel „Stadt der Liebe“ verliehen.
Es war gut, dass wir die Rückfahrt für die Gondel erst für 18 Uhr gebucht hatten, denn das „Neue Schloss“ wollten wir ja auch noch sehen.
Zurück am Auto beschlossen wir, noch an die Küste nach Tuja zu fahren.
Hier fanden wir auf einem schönen privaten Platz direkt am Meer Platz für beide Autos.
Der Sturm wurde im Laufe des Abends immer heftiger und es begann wieder einmal heftig zu regnen.
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